Mundart

Die Pflege und der Erhalt der rheinischen Mundart, die man als unsere eigentliche Muttersprache durchaus als ein Stück Kulturgut bezeichnen darf, gehören zu den selbst gewählten Aufgaben des Bürgervereins. Der regelmäßig jeweils am ersten Mittwoch im Monat stattfindende Mundartstammtisch in der Brauerei Schmitz ist eines der Instrumente, mit denen wir dieser Aufgabe gerecht werden wollen. Mit Mundartnachmittagen, die wir ein- bis zweimal jährlich in der Brauerei Schmitz und einmal jährlich im Altenheim St. Josef veranstalten, versuchen wir, Plattdeutsch unseren Mitbürgern näher zu bringen.

Um auch junge Menschen hierfür zu gewinnen, suchen wir den Kontakt zu den Schulen. Hier gibt es allerdings noch einigen Handlungsbedarf.

Neben der Verbreitung der Mundart in Prosa und in gereimter Form erfreuen sich auch plattdeutsche Lieder großer Beliebtheit. So war es eigentlich nur logisch, das sich vor mehr als zehn Jahren der Singkreis „De Leddschesweäver“ gebildet hat, der inzwischen über ein beachtliches Repertoire verfügt.

Kontakt: Friedrich Kluth, Tel. 2199, fkluth@t-online.de


Sprachwissenschaftlich liegt Anrath im „Rheinischen Fächer“, zwischen der „Uerdinger Linie“ (ik/ich) und der „Benrather Linie“ (maken/machen), unser Platt gehört zum Südniederfränkischen Sprachraum zwischen dem Kleverländischen und dem Ripuarischen Sprachraum.

Aber erstens ist das Anrötsch Platt eine (noch?) lebende Sprache und hält sich nicht immer genau an irgendwelche Grenzen, und zweitens wollen wir uns dem Thema Mundart nicht auf eine wissenschaftliche Art nähern, sondern es leben und pflegen.

Mundart: Anrötsch Platt

Quelle: LVR-Institut für Landeskunde

Johannes Lüpertz: Op dr Woschel!

(aus dem Heimatbuch 1999)
„Jong“, set dä-e Övermester von Krebs für dä-e Lierjong,
„Hoel mech ens dän Hegge, dem sallste wal op dr Woschel fenge.“
On do-e hät dä-e demm dann och gefonge.

Woschel lässt sich wohl mit viel und drängender Arbeit umschreiben. Heute sagt man vielleicht Stress!
Ich habe mir erzählen lassen, dass auf dem heutigen Gartengelände, gegenüber der Firma Krebs, ein Bauernhof gestanden habe. Das noch vorhandene Gebäude mit der Toreinfahrt ist vielleicht der Rest davon. Die Bäuerin auf diesem Hof soll bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit gesagt haben: „Ös dat ene Woschel, äs dat ene Woschel!“
Damit der heimatkundliche Ausdruck nicht in Vergessenheit gerät, diese kleine Geschichte im Heimatbuch.


Aus der Westdeutschen Zeitung vom 7.1.2010:

Anrather Platt saugt man mit Muttermilch auf

von Susanne Böhling

En Mönke voll Platt bringt Freunde der Mundart an einen (Stamm-)Tisch.
Gut bei Stimme: Die Mitglieder des Mundartstammtischs singen gemeinsam.

Gut bei Stimme: Die Mitglieder des Mundartstammtischs singen gemeinsam.

Anrath. Mundart-Fetischisten findet man hier nicht. Das sagt Friedel Kluth, der Ansprechpartner für den Anrather Mundartstammtisch „En Mönke voll Platt“, der sich jeden ersten Mittwoch im Monat bei Schmitz Mönk zusammenfindet, gerade zum ersten Mal 2010.

Stellt man ihm die Frage, wie man denn Anrather Platt lernen könne, sagt er das, was man von Bewahrern der Mundart erwartet: „Das können Sie nicht lernen. Das müssen Sie mit der Muttermilch aufgesogen haben und das auch seit mindestens drei Generationen!“ Wer ihn kennt, sieht dabei die spitzbübischen Lachfalten um die Augen. Fragt man genauer nach, ist mindestens ein Viertel der 20 Anwesenden nicht gebürtig aus Anrath. Eine Kölnerin ist darunter. Die Runde, die Ludwig auf seinen Geburtstag gibt, wird gern genommen, auch wenn er aus Okerke (Odenkirchen, Gladbach) stammt.

Man schlägt das Liederbuch auf und singt „No öss vör os enne Tied aanjekuemme“. Die plattdeutsche Variante von „Es ist für uns eine Zeit angekommen“ stammt aus der Feder von Hans Stienen. Er ist in Herongen geboren, lebt seit 60 Jahren in Anrath und hat den Mundartkreis vor 13, 14 Jahren als damaliger stellvertretender Vorsitzender des Bürgervereins in Leben gerufen.

Anlass war ein Mundartnachmittag, den die Stadt Willich veranstaltete. Sein Ziel war ein fester Termin, an dem man sich zur Mundart trifft. „Da sollten wir alle reden können, wie uns der Schnabel gewachsen ist.“ Kluth ergänzt: „Der erste Mundart-Stammtisch ist kaputt gegangen, weil die sich gezankt haben, ob ein Wort so oder so ausgesprochen wird.“ Das also meint er mit Fetischimus.

Sprache ist Heimat – und offen für jeden, der sie gern spricht

Ohne den haben die Anrather sogar eine Gitarrenbegleitung für ihre Mundartlieder: Christoph Carlhoff und seine Frau Dorle sind Schwaben. Carlhoff vertont als Leiter der Leddscheswäever viele Mundartgedichte.

„Sprache ist Heimat“, sagt Kluth. So ist der Kreis offen für den jungen Handwerker türkischer Herkunft, der kürzlich bei Carlhoffs gearbeitet hat und bekannte: „Am libbste donn isch platt kalle“. Wäre doch schade, wenn es so schöne Wörter wie „Föttschesföhler“ nicht mehr im aktiven Wortschatz des Niederrheins gäbe, wo solche Herren sicher nicht aussterben werden. Oder wenn sich jeder, „dä ens besoape üss”, gleich als „besoffen“ beschimpfen lassen müssen. „Im Dialekt lässt sich vieles ausdrücken, worüber man auf Hochdeutsch nicht sprechen kann“, sagt Kluth.