Die plattdeutsche Sprache, die Mundart, ist sehr viel älter und auch sehr viel mehr gewachsen als das Hochdeutsche, das sich erst im Laufe der Zeit als eine gemeinsame Schriftsprache aus den zahlreichen Dialekten und Mundarten, bei uns im wesentlichen aus dem Mittel- und Niederfränkischen, entwickelt hat.
Der Krefelder Heimat- und Mundartdichter Willy Hermes hat es einmal so ausgedrückt: “Das Plattdeutsche ist die Muttersprache, das Hochdeutsche ihre Tochter”.
Die Bezeichnung “Platt” hat keineswegs etwas Abwertendes. Der Oldenburger Sprachforscher Karl Fissen hat herausgefunden, dass der Begriff “Platt” zu übersetzen ist mit “klar und deutlich” oder “ohne Falsch”. (Platt vör die Schwaat)
Die Mundart ist eigentlich keine “Schriftsprache”, sondern im Wesentlichen eine “Erzählsprache”, deren Sinnhaftigkeit nicht nur durch die Wortwahl, sondern ganz entscheidend vom Tonfall geprägt wird.
Die Übersetzung von plattdeutschen Begriffen ins Hochdeutsche ist in der Regel nicht durch ein einzelnes Wort möglich, sondern es bedarf meistens der sinnhaften Umschreibung, der beispielhaften Anwendung im Sprachgebrauch des Alltags. Das hängt auch damit zusammen, dass gleiche Begriffe im übertragenen Sinn für völlig andere Sachverhalte angewandt werden(z.B. “opkrieje”: aufkriegen, aufzehren; aber auch “Dat kann ech neet opkrieje”; das kann ich nicht verstehen, oder “Döppe”, Topf, Behälter aus Ton, aber auch Tölpel, begriffsstutziger Mensch, oder “Helpe”, Hosenträger, aber auch Hilfe, “ech sall dech helpe!”)
Häufig ist die Mundart geprägt durch früher in der Region vorherrschende Berufe und die in diesen Berufen verwendeten Begriffe, die oft auf Alltagssituationen sinnbildlich übertragen wurden. So finden sich in unserem Platt viele Begriffe, die der Umgangssprache der Weber entspringen.
Aber auch politische Verhältnisse beeinflussten die Entwicklung der Mundart. Unser Platt zum Beispiel, zumindest das, was unsere Eltern und Großeltern sprachen, war und ist stark beeinflusst von der Zeit der französischen Besetzung des linken Niederrheins.
Nicht zuletzt gibt es auch Einflüsse auf die Mundart einer Region durch die jeweilige geografische Lage. Der Einfluss auf unser Platt durch die Grenznähe zu Holland ist hierfür ein gutes Beispiel.
Und wenn es so etwas wie auf einen Landstrich bezogene Besonderheiten im Wesen der dort lebenden Menschen gibt, wird das besonders in der Mundart deutlich. Denken wir z.B. an die Leichtblütigkeit der Mittelrheiner und Moselaner, die Betulichkeit der Schwaben oder die Knartzigkeit der Bayern, dann schlägt sich das auch – und besonders – in der Sprache nieder.
Wenn auch das Plattdeutsche als Umgangssprache weitgehend ausgedient hat, ist es doch ein Stück Kulturgut, das es zu erhalten und zu pflegen gilt. (Latein ist auch keine Umgangssprache mehr und bleibt trotzdem Lehrfach an Universitäten!) Diesen Anspruch ein kleines bisschen mit umzusetzen, ist das vorrangige Ziel der Mundartgruppe im Bürgerverein Anrath. Kontakt: Friedrich Kluth, Tel. 2199, fkluth@t-online.de