Hindenburgstraße

Sie verläuft auf der Höhe der früheren Wallanlage, die den Flecken Anrath umschloss. Dort, wo heute die Straße auf die ‚Viersener Straße‘ trifft, stand einst eines der Dorftore und zwar die ‚Bengdpoort‘.

In der Sitzung vom 30. Dezember 1924 entschloss sich der Gemeinderat, die Anrather Ortsbezeichnungen Nord, Süd, Ost und West, die außerhalb des engeren Ortes (alter Flecken) liegen, in Straßenbenennungen umzustellen. In der Folgezeit fertigte die Geschäftskommission eine Aufstellung über die denkbaren Umbenennungen. Über dieses am 13. Juli 1928 vorgelegte Verzeichnis hat der Rat der Gemeinde Anrath am 25. Juli 1928 (AZ 28.07.1928) beraten und mit einigen Änderungen die Beschlüsse dazu gefasst; GA 549.

Bis dahin hieß das Stück ab der ‚Viersener Straße‘ noch ‚Alleestraße‘. Ab dem 25. Juli 1928 wurde der ‚Teil der bisherigen ‚Allee‘ von der ‚Viersener Straße’ bis zur verlängerten ‚Burgstraße‘ (heute: ‚Karl-Gierlichs-Straße‘)‘ durch Beschluss des Gemeinderates Anrath in „Hindenburgstraße“ umbenannt; GA 549. Ihren Namen erhielt sie von Paul von Hindenburg (1847-1934), bedeutender General im 1. Weltkrieg und von 1925 bis zu seinem Tode Reichspräsident. Bedauerlicherweise ernannte er Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler.

Zwischen November 1900 und der Fertigstellung des Rathauses ‚Peäperdu’es‘ beherbergte das Haus an der Ecke ‚Viersener Straße‘ und „Hindenburgstraße“ die Amtsräume und Wohnung des Bürgermeisters.

Aufgrund der Direktive Nr. 30 des Kontrollrates vom 13. Mai 1946 in der Fassung vom 12. Juli 1946 mussten Straßen und Plätze umbenannt werden, ‚wenn die Ausdrücke militärisch und Militarist so auszulegen sind, dass sie sich auf alle kriegerischen Ereignisse nach dem 01. August 1914 und auf Personen beziehen, die mit solchen Ereignissen direkt verbunden sind‘. Am 17. Februar 1947 verfügte der Regierungspräsident aus Düsseldorf, dass ‚gegen die Beibehaltung der Straßen- und Platzbezeichnungen mit dem Namen ‚Hindenburg‘ keine Bedenken bestehen‘; GA 548.

1954 beschließt der Gemeinderat Anrath, die Verlängerung der „Hindenburgstraße“ bis zur ‚Buschstraße‘; K 459.

An der „Hindenburgstraße“ (damals noch Allee) lag die Synagoge. Nachdem das erste Anrather jüdische Bethaus, das angemietet war, verlassen werden musste, kam es 1803 zum Neubau der Anrather Synagoge. Am Burggraben wurde ein baufälliges Haus von den Erben Bruns für 250 Reichstaler erworben. Mit dem Neersener Maurer Heinrich Wamers schloss dann die jüdische Gemeinde einen Vertrag über den Neubau einer Synagoge ab. Die Länge des Gebäudes sollte 8,91 m, die Breite 6,24 m und die Höhe 5,75 m betragen; eine Eichentüre 2,13 m hoch und 1,29 m breit bildete den repräsentativen Eingang. Ein Betsaal für Männer mit drei Fenstern auf jeder Seite sowie ein Betsaal für Frauen mit je zwei Fenstern auf jeder Seite waren vorgesehen. Darunter befand sich eine Mikwe, zu der eine 1,72 m lange Steintreppe hinunterführte. Vom Dach führte in dieses Bad ein breiter Kamin, der das Bad mit Regenwasser füllte. Der Altar der Synagoge war aus Eiche, bunt bemalt und mit Blattgold belegt. Vor der Synagoge, zur Viersener Straße hin, wurde noch eine Lehrerwohnung und ein Schulzimmer angebaut. Während des Novemberpogroms entging die Synagoge einer Brandlegung und bereits einen Monat später wurde das Gebäude veräußert und 1961 abgerissen. Eine in 1999 an der Viersener Straße Ecke Hindenburgstraße angebrachte bronzene Gedenktafel erinnert heute an die ehemalige jüdische Gemeinde und ihre verwüstete Synagoge.

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