* 5. Januar 1819 in Leichlingen;
† 25. Oktober 1887 in Anrath
(von Paul Gierlichs – Aus dem Anrather Heimatbuch 1982)
Bürgermeister Carl Josef Gierlichs entstammt einem alten Bauerngeschlecht, das 1394 namentlich im Bergischen Land nachweisbar ist. Er wurde am 5. Januar 1819 als zweitältester Sohn des Halfen Johann Theodor Gierlichs auf den Scheffgesmüllerhof an der Wupper bei Leichlingen geboren. Seit etwa 1600 bewirtschafteten seine Vorfahren diesen ehemaligen Rittersitz, der heute Eigentum der Grafen von Mirbach-Harff ist.
Der Scheffgesmüllerhof liegt sehr einsam am rechten Ufer der Wupper. Manche Sage und Erzählung rankt sich um diesen alten Hof. Aber auch geschichtliche Ereignisse fanden hier statt. Zu erwähnen sind die alljährlich tagenden Hofgerichte und die generationenlang ausgeübte Tätigkeit der Vorfahren als gewählte Schöffen oder Kirchmeister. Einiges davon ist in einer alten Hofchronik festgehalten, die vom bäuerlichen Leben vergangener Zeiten berichtet.
Der Bauernsohn C. J. Gierlichs soll eifrig in dieser handgeschriebenen Chronik gelesen haben. Dennoch strebte er aus der Stille und Einsamkeit des elterlichen Hofes fort. Er neigte mehr zu einer „bürgerlichen“ Tätigkeit und erlernte deshalb den Kaufmannsberuf. Als Krämer und Gastwirt kam er nach Anrath und wurde hier mit jungen Jahren am 24. Oktober 1844 zum Bürgermeister gewählt. Im Jahre 1868 übernahm er zusätzlich die Verwaltung der Bürgermeisterei Willich.
Am 9. Februar 1847 heiratete er Anna Gertrud Hören, eine Bauerntochter aus Anrath. Diese Verbindung wurde außerordentlich glücklich. 5 Kinder entsprangen der Ehe, aber nur 3 Töchter überlebten die Eltern.
Bürgermeister Carl Josef Gierlichs hat bis zu seinem Tode, also mehr als 40 Jahre, die Geschicke von Anrath und Willich erfolgreich geleitet. Sein fester Charakter, sein Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein wurden sehr glücklich ergänzt durch sein politisches Fingerspitzengefühl. Das befähigte ihn, auch in kritischen Zeiten vermittelnd zu wirken, ohne eigene Grundsätze aufzugeben.
In „Geschichte der Gemeinde Anrath“ gibt Dr. Gottfried Kricker einige Hinweise dafür.
In den Revolutionsjahren 1848/49 verstand es Bürgermeister Gierlichs den rebellischen Freiheitskämpfern aus Anrath und Umgebung seine Sympathien deutlich zu machen. Andererseits aber wirkte er mäßigend und beruhigend auf die Demokraten ein, „die mit Flinten, Pistolen, Spaten und Spitzhacken bewaffnet gen Düsseldorf ziehen wollten“. So nahm dieser „Aufstand“ ein gutes Ende. Die Protestler blieben zu Hause und „zur Feier der erlangten Freiheit“ wurde am 11. Mai 1849 in Anwesenheit des Bürgermeisters auf dem Marktplatz in Anrath eine Veranstaltung mit Kaffee und Kuchen, mit Tanz und Gesang durchgeführt. Im Verfolg der „Kulturkampfpolitik“ verfügte die Regierung im Oktober 1876 die Einziehung der Pfarrdotalgüter. In Anrath handelte es sich nur um wenige Morgen Ackerland. Bürgermeister Gierlichs kündete zwar auftragsgemäß die Beschlagnahme an, übersah aber großzügig, daß die Pächter ihre Abgaben weiterhin an den Pfarrer abführten. Als schließlich 1880 die Beschlagnahme aufgehoben wurde und die an die Staatskasse gezahlten Pachtbeträge rückerstattet werden sollten, war in Anrath keine Rückzahlung notwendig.
Anlässlich der „missglückten“ Kommunalwahlen ordnete die Regierung 1877 an „aus jedem Dorf alle Einwohner namentlich zu melden, die für die katholische Sache tätig waren“. Aus Anrath ist „Dank der Einsicht von Bürgermeister Gierlichs“ keine Anzeige an die Behörde ergangen.
Neben seiner Tätigkeit als Bürgermeister von Anrath und Willich vereinigte Bürgermeister Gierlichs im Laufe der Zeit eine große Anzahl von Ämtern in seiner Hand. Er war 1. Kreisdeputierter, Lokalschulinspektor in Anrath und Willich, 30 Jahre Mitglied und zuletzt Präsident des Kirchenvorstandes. Er starb nach einem erfüllten Leben am 25. Oktober 1887.
Sein erfolgreicher Einsatz für das Gemeinwohl hat ihm nicht nur Vertrauen und Zuneigung seiner Mitbürger, sondern auch offizielle Ehrungen eingetragen. Zu Lebzeiten erhielt er den Roten Adlerorden IV. Klasse. Nach seinem Tode wurde eine Straße in Anrath nach ihm benannt. Das öffentliche Wirken von Bürgermeister Carl Josef Gierlichs gründete in tiefer Religiosität und in enger Verbundenheit mit der katholischen Kirche. So stiftete die Familie Gierlichs den mit reichem Schnitzwerk ausgestatteten Marienaltar, der noch heute die Pfarrkirche in Anrath schmückt. Im gleichen Geiste stiftete seine jüngste Tochter Mathilde Gierlichs 1926 die große B-Glocke, die 1942 leider zur Kriegsmittelherstellung abgeliefert werden mußte. Die älteste Tochter Elisabeth Gierlichs verheiratete sich 1877 mit dem Gutsbesitzer Jakob von Danwitz auf dem Gelleshof in der Gemeinde Vorst. Da diese Ehe kinderlos blieb und die anderen Töchter unverheiratet waren, leben heute leider keine Nachkommen von Bürgermeister Gierlichs in Anrath.