Gebäudeanlage „Haus Broich“

Haus Broich (von: Bruch = Sumpfgebiet) ist ein ehemaliges Rittergut, das erstmals 1247 als Besitz von Adolf de Broich erwähnt wurde. Nach zahlreichen Besitzwechseln wurde Haus Broich 1694 als freiadliger, allodialer Rittersitz verkauft.

Nach einem Verkauf 1865 war das Gut unbewohnt und verfiel zusehends; bei einem Brand wurde die Vorburg weitestgehend zerstört. 1895 wurde das Gut an einen Kölner Fabrikanten verkauft, der das Herrenhaus abreißen ließ und an dieser Stelle 1898 das heute als Haus Broich bekannte Schlösschen errichtete.

Die Wirtschaftsgebäude wurden um die Jahrhundertwende ebenfalls als Vierkanthof neu errichtet. Der Hof ist heute im Besitz des ehemaligen Springweltmeisters Norbert Koof und seit 2006 einer von zwei Standorten der Polizei-Landesreiterstaffel NRW.

Das Herrengebäude ist im Zweiten Weltkrieg bis auf die Zerstörung des oberen Teiles des großen Turmes unbeschädigt geblieben.

Torhaus auf einer Postkarte von 1960

1946 kamen auf Anregung der damaligen Aachener Bischofs Johannes Joseph van der Velden Ordensschwestern der Kongregation der Schwestern von der hl. Elisabeth nach Haus Broich, um eine Besinnungsstätte für religiös orientierte Gruppen wie Pfadfinder oder Messdiener einzurichten. Kurz darauf wurde jedoch eine Flüchtlingsgruppe aus einem ebenfalls von Schwestern geleiteten Kinderheim im schlesischen Waldenburg aufgenommen, und die Einrichtung wurde als Kinderheim weitergeführt. Von 1956 bis 1976 war gleichzeitig ein Förderschulinternat zur Sprachförderung von Aussiedlerkindern untergebracht. Das Kinderheim bestand bis 1986, danach wurde das Gebäude übergangsweise von Bewohnern eines Krefelder Altenheimes genutzt, deren Gebäude renoviert wurde.

1980-1981 wurden das Torhaus instand gesetzt. 1994 wurde das Gebäude komplett renoviert, von 1995 bis 2006 wurde Haus Broich vom Orden als geistliches Zentrum benutzt.

Im September 2007 wurde die denkmalgeschützte Anlage an die XCom-Unternehmensgruppe verkauft, das Hauptgebäude wird Mai 2008 von der XCom-Tochter biw-Bank AG als Geschäftsräume genutzt.


Auszüge aus „Haus Broich – eine kleine Chronik 1247-1996“ vom Geistlichen Zentrum Schwestern von der hl. Elisabeth:

„Ursprünglich war Haus Broich ein Rittergut und wurde erstmals 1247 urkundlich mit seinem Besitzer Adolf von Broich erwähnt. Der Erbe Bernd von Broich gab 1395 das Anwesen an seine Tochter als Mitgift weiter, als sie Arnold von Honselaer heiratete. Über viele Generationen hinweg war der Rittersitz bis zum Ende des 15. Jahrhunderts im Besitz der Familie Honselaer. Die letzte Enkeltochter der Honselaer, Eva von Hartzfeld, wurde Ehefrau des Vogtes von Anrath und Neersen, Johannes von Virmond, und verkaufte Haus Broich im Jahre 1594.

Nachdem Haus Broich entweder durch Erbfolge oder Verkauf mehrfach den Besitzer wechselte, ersteigerte am 23.09.1737 Wilhelm Josef von Hertmanni zur Kollenburg und Kleinkollenburg in Willich die Gebäudeanlage. In den Folgejahren wurden von ihm die Wirtschaftsgebäude neu errichtet und das Herrenhaus von Grund auf neu instand gesetzt.

Dessen Sohn erbte dann später Haus Broich. Er lebte aber auf großem Fuß und als er 1778 verstarb, hinterließ er Haus Broich stark verschuldet. Die wirtschaftliche Situation des Herrensitzes besserte sich erst durch die Heirat seiner Tochter mit Karl Maximilian Byll aus Wegberg etwas. Nach dessen Tob übernahm der Sohn die Verwaltung von Haus Broich und verkaufte später den Besitz, im Jahre 1865, an den Lütticher Rentner Fürst Arthur Napoleon von Rheina-Wollbeck, der die Gebäudeanlage höchstwahrscheinlich lediglich als Kapitalanlage erwarb, da es in der Folgezeit unbewohnt war.

Postkartendarstellung von 1904

Dieses hatte zur Folge, daß das Herrenhaus immer mehr zerfiel und die Vorburg ausbrannte.

Der zerfallene Besitz wurde dann 1895 von dem Kölner Fabrikanten Tillmann erworben. Dieser ließ die baulich verkommenen Gebäude abreißen und errichtete sie 1898 nach dem Vorbild des alten Schlosses (Haus Broich) neu.

Dieses frühere Landwirtschaftsgut warf für ihn aber zuwenig Rendite ab, so daß er es dann an den Landwirt Heinrich Schlossmacher wieder verkaufte, der dieses Gut bis zu seinem Tode im Jahre 1957 bewirtschaftete.

Im Jahre 1946 pachtete das Bistum Aachen Haus Broich (zweitweise auch „Schloß Broich“ genannt) als Bildungsstätte für die katholische Jugend.Im gleich Jahr kamen dann die ersten Grauen Schwestern aus Schlesien, die dort ausgewiesen wurden, und zogen hier ein.

Von Anfang an bevölkerten junge Menschen in zahlreichen Kursen Haus Broich. Es wurden immer wieder neue Heimkehrer aus Schlesien aufgenommen. Die Schwestern übernahmen das Haus in einem sehr schadhaften Zustand, da es vollständig ausgeplündert war. Es fand hier eine sehr primitive Unterbringung statt.

Die katholische Jugend in Anrath organisierte alte Bettgestelle, Möbel und Schränke. Die Organisation UNICEF lieferte Strohsäcke Wolldecken, Bettwäsche und Handtücher.

Etwa drei Jahre später, am 1. August 1949, gab das Bistum Aachen Haus Broich ganz als Kinderheim frei. Dieses Ostflüchtlingskinderheim nahm nach Rückgang der Vertriebenenkinder immer mehr einheimische Kinder auf.

Nachdem das Mutterhaus der Grauen Schwestern Haus Broich im Jahre 1961 erwarb, wurden seit 1963 die Gebäude fast drei Jahre lang gründlich umgebaut. 1964 wurde hier ein Neubau auf der Rückfront errichtet. Dort waren Räume für Förderkinder, Hauskinder, Schwesternzimmer, eine Priesterwohnung und eine Kapelle untergebracht. Nun war endlich genügend Platz. Die Kinderheimnutzung ging nach fast 40 Jahren immer weiter zurück. 1983 wohnten noch 18 Heimkinder in Haus Broich. 1986 verließen die letzten Kinder das Heim.

Seitdem wurden immer mehr Dekanats- und Pfarrgemeinderatssitzungen durchgeführt und es kamen sechs Schwestern, die ihren Lebensabend in Haus Broch verbrachten.

1988 verbrachten in Haus Broich 14 Jugendliche aus Polen mit ihrem Kaplan ihre Ferien.

1989 fanden 19 Flüchtlinge aus Polen und der ehemaligen DDR hier vorübergehende Bleibe.

Als der Caritasverband die Trägerschaft für Kurzzeitaltenpflege im Jahre 1989 übernahm, mietete er in Haus Broich zwei Etagen an und richtete hier entsprechend pro Etage sechs Zimmer ein. Im Dezember 1993 endete dann die Kurzzeit-Altenpflege.

1993 begannen die Planungen zum Umbau von Haus Broich zu einem Geistlichen Zentrum. 1994 erfolgten daraufhin die Umbauten. Seitdem fanden hier Kurse und Tagesveranstaltungen statt, z.B. Ministrantenkurse, Jugendführertagungen, Priestertagungen, Erwachsenen-Bildungswochen, Junglehrer-Schulungen, Singemeistertreffen usw.“

(Der nachfolgende Abschnitt wurde vermutlich durch die neuen Besitzer von Haus Broich ergänzt:)

„2005/2006 verließ die letzte Schwester das geistliche Zentrum Haus Broich. Daraufhin wurde die Gebäudeanlage an einen Investor verkauft, der hier eine Internetbank einrichtete. Hierfür wurde wieder die früheren nicht denkmalwerten und unschönen Einbauten entfernt. Das gesamte Gebäude wurde unter Berücksichtigung der denkmalrechtlichen und denkmalpflegerischen Belange auswendig instand gesetzt, restauriert und renoviert. Die Gebäudeanlage erscheint jetzt wieder in neuem Glanz.

Es ist auch zu beachten, daß die gesamte Parkanlage mit der umgebenen Grabenanlage und die dazugehörige Zufahrtsallee ebenfalls in die Denkmalliste als Bodendenkmal eingetragen wurde.

Haus Broich steht auf einer grabendurchzogenen Insel. Nach der alten Tranchotkarte von 1805/06 war der Graben im Westen, Süden und Osten der Insel durch einen Erdwall in zwei parallele Züge gegliedert.“

Aus der Beschreibung der Denkmalbehörde:

Denkmal-Nr.64
Baujahrursp. 13. Jhdt. / 19. Jhdt.
Eintragung als Denkmal27.01.1988
DenkmalbeschreibungDie Ursprünge des Gebäudes gehen auf das 13. Jahrhundert zurück. Es wurde Ende des 19. Jahrhundert im ganzen überholt und schloßartig umgebaut. Es handelt sich hierbei um eine ehem. wasserumwehrte Anlage mit Torhaus und Herrenhaus. Das ehem. Herrenhaus ist 3-geschossig mit hohem Sockelgeschoss und überdachtem Eingang. Es ist 5-achsig mit Mittelgiebel und Walmdach. Seitlich befindet sich ein 4-geschossiger runder Eckturm mit Haubendach und andere linken Seite zurückversetzt ebenfalls ein 4-geschossiger Turm auf quadratischem Grundriss. Hier wurde das Dach entfernt. Das Gebäude ist von außen verputzt und besitzt Putzgewände. Im Inneren des Gebäudes befindet sich vom Erd- zum 1. Obergeschoss eine repräsentative Treppenanlage in gutem Zustand. Ebenfalls sind in den Räumen des Herrenhauses schlichte Stuckdecken mit Ornamenten erhalten. Das Gebäude besitzt noch die originalen Fenster mit ihrer ausgeprägten Kleingliedrigkeit, insbesondere im Dachgeschoss.
Zum Denkmalwert gehören der Torbogen, welcher in jüngster Vergangenheit restauriert wurde. Der Schloßinnenhof wird überwiegend von einer guterhaltenen Mauer umgeben. Ebenfalls zum Denkmalwert gehörig ist die Zufahrtsallee mit schönem Baumbestand.