Aus dem Heimatbuch 1999 – von Udo Holzenthal
Im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf findet sich eine Schrift, die im weitesten Sinne als Vorgängerin des heutigen Telefonbuchs zu sehen ist. Dabei handelt es sich um das “Offizielle Adressbuch für Rheinland-Westfalen”, das im Jahre 1833 “Zum Vorteil armer Kranken” von Ruttger Brüning herausgegeben wurde und auch einen Abschnitt über Anrath enthält.
So bekommen wir einen interessanten Einblick in die Anrather Verhältnisse zur damaligen Zeit. Werfen wir also einen Blick zurück:
Im Jahre 1833 hieß Anrath vorübergehend noch Kleinkempen, dies sollte sich erst 1840 wieder ändern. Seit nunmehr 18 Jahren war der Ort preußisch und gehörte – wie auch Willich – zum Kreis Krefeld, während Schiefbahn und Neersen noch im Kreis Gladbach lagen.
Der vom preußischen Staat eingesetzte Bürgermeister hieß Nikolaus Kirschkamp, der zusätzlich die Bürgermeisterei Willich verwaltete. Unterstützt wurde er von den Beigeordneten Hörren, Schlösser und Schmitz. Nur mühsam gewöhnte sich die rheinische Bevölkerung an die neuen Herren, hatte man doch von den zahlreichen Liberalisierungen der Franzosen profitiert. Außerdem harmonisierten die katholischen Rheinländer und die evangelischen Preußen nicht so recht miteinander. Viele wünschten sich noch in dieser Zeit den KöIner Erzbischof als Landesherren zurück.
Anrath war immer noch vom alten Dorfgraben umgeben, außerhalb dessen es keine geschlossene Bebauung, sondern nur einzelne Hauser und Höfe gab. Entsprechend niedrig war auch noch die Einwohnerzahl, sie betrug knapp 2.200. Bis zur Jahrhundertwende sollte sie sich verdoppelt haben. Die Bevölkerung war bis auf circa 80 Juden rein katholisch. Protestanten waren noch Fehlanzeige. Von den jüdischen Familien war vor allem die Familie Servos bekannt, die sowohl einen Viehhandel als auch eine Metzgerei besaß.
Der weitaus größte Teil der Anrather arbeitete als Hausweber. daneben gab es noch zahlreiche Landwirte und in deren Gefolge Knechte, Mägde und Tagelöhner. Handwerker und vor allem Handler gab es dagegen weniger. Das Wohl und Wehe der Gemeinde Anrath hing also von Landwirtschaft und Seidenweberei ab. Ein Zustand, der sich im 19. Jahrhundert nicht mehr andern sollte.
Betrachten wir nun anhand der Vorabinformationen das Adressbuch. Natürlich handelt es sich hierbei nicht um ein Verzeichnis sämtlicher Bürger, enthält die Liste doch nur 36 Namen, wohingegen Anrath zu diesem Zeitpunkt – wie schon erwähnt – um die 2.200 Einwohner hatte.
Es ist mehr als ein Verzeichnis der wichtigen Personen, oder wie es neudeutsch heißt: “Who is Who” des Ortes zu verstehen. Umfaßt es neben Bürgermeister, Beigeordneten und Geistlichen doch vor allem Händler, Handwerker und Landwirte. Wir finden hier die damaligen Besitzer noch heute bekannter Höfe und Gaststatten, als Beispiele seien der HüIsdonkhof, die Gaststatte ,Zum alten Zoll” und das Hotel Baaken genannt, oder aber Familiennamen, die nachwievor in Anrath einen guten Klang haben. Betrachten wir das Verzeichnis als eine Quelle für die soziale Zusammensetzung der Anrather Bevölkerung in einer Zeit, die geprägt war von der mühsamen Integration in den preußischen Staat und von der wirtschaftlichen “Monokultur” der Hausweberei.
- Johann Laurenz Becker, Gemeinderat, Ellenwarenhandel
- Matthias Becker, Spezerei und Ellenwarenhandel
- Witwe Matthias Bodewich, Ellenwarenhandel, Spezereihandel
- Matthias Brockmann, Gemeinderat, Oekonomie- u. Spezereiwarenhandel
- Johann Buren, Gastwirtschaft
- Brühl, Vikarius
- Josef Genings, Rentner
- Peter Gordans, Von der kgl. Regierung als qualifiziert anerkannter Zimmermeister
- Johann Hammes, Gastwirt und Branntweinbrenner
- Johann Peter Harbusch, Von der kgl. Regierung als qualifiziert anerkannter Zimmermeister
- Johann Heinrich Hören, Gastwirt und Branntweinbrenner
- Matthias Hornungs, Gastwirt und Branntweinbrenner
- Johann Peter Hörren, Schankwirt
- Peter Theodor Hörren, Erster Beigeordneter
- Nikolaus Kirschkamp, Bürgermeister von Willich und Kleinkempen
- Ludwig Kluth, Oekonom und Branntweinbrenner
- Johann Peter Langenfelds, Oekonom und Branntweinbrenner
- Gottfried Nießen, Vikarius
- Jakob Pannen, Schenkwirtschaft
- Tilman Pescher, Spezerei und Ellenwarenhandel
- Anton Plattes, Oekonom und Branntweinbrennerei
- Michael Queeder, Fruchtmakler
- Johann Matthias Schaeffer, Gemeinderat, von der kgl. Regierung als qualifiziert anerkannter Zimmermeister
- Witwe Michael Schelges, Blaufärberei und Druckerei
- Johann Peter Scherges, von der kgl. Regierung als qualifiziert anerkannter Zimmermeister
- Ludwig Schiffer, Pfarrer
- Johann Schlösser, 2. Beigeordneter und Oekonom
- Matthias Schmitz, 3. Beigeordneter und Branntweinbrenner
- Witwe Peter Schmitz
- Peter Johann Schütwinkels, Spezerei und Ellenwarenhandel
- Abraham Servos, Hornvieh- und Pferdehandel, auch Metzger
- Benjamin Servos, Metzger
- Johann Gottfried Spennes, Gastwirtschaft
- Franz Van Kempen, Lehrer
- Engelbert Wammers, Schenkwirtschaft
- Heinrich Wammers, von der kgl. Regierung als qualifiziert anerkannter Maurermeister