Hidden Place – Jüdischer Friedhof

Ungewöhnliches tat sich in der Anrather Zisdonk.

Bei wunderschönem Wetter trafen sich am Donnerstag, dem 01. Juni 2023, 27 Personen am Jüdischen Friedhof in der Zisdonk, der zu den geheimnisvollsten Orten im Stadtgebiet gehört.

Der Bürgerverein Anrath bot zusammen mit der Jüdischen Gemeinde Krefeld und dem Stadtarchiv Willich die Einwohner unserer Stadt zu diesem „verborgenen Ort“. Die bereits im Jahre 2020 zur Feier des 50jährigen Bestehens der Stadt Willich vorgesehene Veranstaltung wurde nun nachgeholt.

Die Begräbnisstätte, auf der Anrather und Neersener Juden bestattet wurden, gab es schon vor 1800. Nachdem die Zahl der in Anrath lebenden Juden abnahm schlossen sie sich ab etwa 1927 der Synagogengemeinde Krefeld an. Die letzte Beerdigung fand im Mai 1931 statt.

Während der NS-Zeit ging das jüdische Friedhofsgelände in den Besitz der Gemeinde Anrath über. In dieser Zeit wurden viele Grabsteine zu Bauzwecken entwendet. Lediglich neun Grabsteine aus den Jahren 1873 bis 1906 konnten später wieder aufgestellt werden. Weitere 18 Grabstätten wurden durch einen Sockelrest, Grabsteinfragmente und einen Busch gekennzeichnet.

Die mittlerweile fast ganz verwitterten Inschriften konnte man nach einer in 1956 erfolgten Umgestaltung der Anlage immerhin noch lesen. 1988 in die Denkmalliste der Stadt Willich eingetragen, befestigte man am Eingang des Begräbnisgeländes eines Gedenktafel.

Durch das stets offene Eingangstor sieht man zunächst viele auf dem Gelände verstreute Grabstellen, am Kopfende (östliche Seite) stehen die übrig gebliebenen früher vorhandenen Grabsteine, die Richtung Sonnenaufgang blicken.

Die Aufeinanderfolge der Grabsteine in der Reihe besagt hier nichts; sie ist bei den Wiederherstellungsarbeiten nach 1945 zustande gekommen. Und lässt, um nur ein Beispiel zu nennen, außer Betracht, dass nach jüdischer Sitte Kindergräber nicht neben Erwachsenengräbern vorkommen.

Eingetragen sind auf den Grabsteinen, die bis zu 1,74 m hoch sind und in ihren Umrissen an die traditionelle Form der dem biblischen Moses am Berg Horeb/Sinai von Gott übergebenen Zehn-Gebots-Tafeln erinnern, die Namen der Verstorbenen mit Geburts- und Sterbedaten zwischen 1810 und 1906, die jedoch wegen zunehmender Verwitterung fast nicht mehr lesbar sind.

Die Grabinschriften sind hebräisch abgefasst, die Sockel mit deutschsprachigen Inschriften sind in die Zeit nach 1900 zu datieren.

Unweit des Anrather Judenfriedhofes befindet sich etwa 50 Meter westlich eine kleinere Grabanlage, bestehend aus drei Grabstätten mit Namen und Lebensdaten der Bestatteten. Da auf allen Grabsteinen als Todesjahr 1943 angegeben ist, haben diese Gräber in der Vergangenheit wiederholt zu Spekulationen über die mögliche Todesursache Anlass gegeben, zumal als sich herausstellte, dass alle drei hier Beerdigten Juden waren und im Anrather Gefängnis gestorben sind.

Anschließend gab Herr Wagner, Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Krefeld, uns allen einen hochinteressanten kurzweiligen Einblick in die jüdische Bestattungskultur, verständlich vorgetragen und mit Vergleichen und Anekdoten gefüllt. Wir hatten den Eindruck, dass er noch Stunden hätte referieren können.